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"Ein Rettungsanker in Krisenzeiten"

Ein Interview mit der Musikerin KUOKO aus Hamburg zum Stipendienprogramm der GVL in NEUSTART KULTUR

Für viele Kunst- und Kulturschaffende war und ist die Pandemie eine große Herausforderung auf vielen Ebenen. Die Elektro-Musikerin KUOKO hat mit uns über ihr Künstlerinnen-Dasein, ihre persönlichen Erfahrungen mit dem Stipendium der GVL in NEUSTART KULTUR und den Stellenwert von finanzieller Sicherheit gesprochen.

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GVL: Wie sieht ein ganz normaler Tag in deinem Leben als Künstlerin aus?

KUOKO: Als freiberufliche Musikerin muss ich mich auch viel um Organisatorisches kümmern. Also starte ich meist mit einem vollen Mailpostfach in den Tag, das ich dann versuche, so gut es geht abzuarbeiten. Da ist alles dabei, Rückfragen zu laufenden Projekten mit anderen Artists ebenso wie Konzert- oder Terminanfragen. Irgendwann mache ich da aber einen Punkt, schalte mein Handy auf stumm und versuche, mich dem kreativen Teil, dem Singen und Produzieren, zu widmen. Es gibt aber auch Tage, an denen so viel Organisatorisches ansteht, dass ich gar nicht zur Musik komme. Das ist auf jeden Fall eine Herausforderung, hier ein gutes Gleichgewicht zu finden.

Hat sich deine berufliche Situation als Künstlerin durch die Corona-Pandemie verändert? 

Ganz klar: Ja! Diese Zeit war für alle Kunst- und Kulturschaffenden eine echte Herausforderung, auch für mich. Denn wie für viele Künstler*innen sind Live-Konzerte meine Haupteinnahmequelle. Durch die Pandemie gab es da eine große Durststrecke. Auch, weil wir in einer digitalen Gesellschaft leben, in der man kaum noch Geld verdient, in dem man die eigene Musik verkauft. Es hängt für mich also wirklich viel an den Konzerten, die ich spiele. Grundsätzlich fordert die Pandemie also eine hohe Anpassungsfähigkeit von uns Künstler*innen an neue Zusammenarbeits- und Darstellungsformen, z.B. Streamingformate. In den letzten zwei Jahren sind dadurch aber definitiv auch bei mir interessante und tolle Gemeinschaftsprojekte entstanden.

Welchen Einfluss hatte die Pandemie auf den kreativen Schaffensprozess deiner Musik?

Ich musste vor allem feststellen, wie wichtig äußere Einflüsse und Erfahrungen als Inspirationsquelle sind. Auch um Texte zu schreiben. Im grauen Hamburg mitten in einem Corona-Winter – da gibt es wenig kreativen Input. Die Eindrücke, die man sammelt, wenn man unterwegs ist und einfach lebt, sind unersetzlich und haben mir in dieser Zeit sehr gefehlt. Das habe ich auch in meinen Texten bemerkt, die phasenweise düsterer und negativer waren.

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Die Elektro-Musikerin KUOKO. Fotos: Florian Thoß

Welche neuen Möglichkeiten haben sich für dich durch das Stipendienprogramm der GVL ergeben? 

Das Stipendium hat mir einen längst überfälligen Tapetenwechsel ermöglicht und mich ins Studio nach Berlin gebracht. Dort konnte ich wichtige Eindrücke sammeln und an meinem neuen Album arbeiten. Die Arbeit in einer anderen Stadt ist etwas, dass ich mir schon sehr lange vorgenommen hatte, aber mir erst durch das Stipendium ermöglichen konnte. Das war mein großer Rettungsanker im letzten Herbst, in dem ich keine einzige Show spielen konnte. Was für mich besonders heraussticht: Die Ausschreibung der Förderung war projektunabhängig und hat mir in diesem Moment auch geholfen, meine Lebensunterhaltungskosten an anderer Stelle beziehungsweise neben der Musik abzudecken. Das Stipendium hat mir also auch große, finanzielle Sicherheit gegeben.

Kannst du deine Erfahrungen mit dem Antragsprozess der GVL etwas umreißen? 

Eine Antragstellung ist natürlich grundsätzlich immer Arbeit. Hier fiel mir das aber relativ leicht.

Die Vorrausetzungen waren klar formuliert und nicht überfordernd, so wie das bei manch anderem Papierkram ist. Bei der GVL gab es keine großen Hürden, das war total okay und schaffbar. Außerdem habe ich mich gut aufgehoben und willkommen gefühlt. Gerade in so einer Zeit war das eine schöne Erfahrung, nicht das Gefühl zu haben, auch hier gegen etwas ankämpfen zu müssen.

Welchen Beitrag leisten Verwertungsgesellschaften wie die GVL mit ihrem Stipendienprogramm deiner Ansicht nach zur kulturellen Vielfalt in der Musikbranche?

Indem Künstler*innen, die wie ich einen Migrationshintergrund haben, gefördert werden, fördert die GVL gleichzeitig auch mehr Diversität in der Musikbranche. Ich finde es wichtig, dass Künstler*innen mit Migrationshintergrund die Chance auf ein Stipendium bekommen und damit, wie in meinem Fall, die Produktion eines Albums ermöglichen können. Das ist ein wichtiger Beitrag.

Worauf freust du dich in der Post-Corona-Welt und was planst du für die kommende Zeit?

Am meisten freue ich mich darauf, wieder live zu spielen und das Album, das ich letzten Herbst veröffentlich habe, endlich mit ganz vielen Menschen teilen zu können. Das war und ist für mich einer der wertvollsten Aspekte meines Künstlerinnen-Daseins. Und ansonsten werde ich mich vom Sommer inspirieren lassen, Songs fertig und neu schreiben und hoffentlich ganz viel unterwegs sein.

Grundsätzlich fordert die Pandemie eine hohe Anpassungsfähigkeit von uns Künstler*innen an neue Zusammenarbeits- und Darstellungsformen. In den letzten zwei Jahren sind dadurch aber definitiv auch bei mir interessante und tolle Gemeinschaftsprojekte entstanden.
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KUOKO
Elektro-Musikerin

Die Stipendiat*innen und Projekte

5.500 freischaffende Künstler*innen hatten im Jahr 2021 ein Stipendium der GVL im Rahmen von Neustart Kultur zur Umsetzung eines künstlerischen Projektes erhalten. Um diese Erfolge sichtbar zu machen, haben wir uns dazu entschlossen, eine kleine Zahl an Stipendiat*innen um ein Statement in Form eines kurzen Erfahrungsberichts zu bitten. Wir wollten einen Eindruck davon bekommen, wie sie die Corona-Situation als freischaffende*er Künstler*in erlebt haben und wie sie das Stipendium der GVL in dieser Zeit unterstützt hat.

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Franz Leutert, Sänger der Band „Deep in Moon“
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Franz Leutert, Sänger der Band „Deep in Moon“
„Wir haben außerdem ein Musikvideo, Merchandise-Artikel sowie PR-Aktionen und Werbung mit der Förderung vorangetrieben. Der Bewerbungsprozess war transparent, und wir haben uns riesig über die Zusage der GVL gefreut!“

Die Band „Deep in Moon“ mit Sänger Franz Leutert sah durch die Pandemie den Fortbestand ihrer künstlerischen Tätigkeit als Musiker*innen und Kreativschaffende gefährdet. Mit dem Stipendium der GVL konnte sich die Band auf die künstlerische Arbeit konzentrieren und eine erste überregionale Tour für 2022 organisieren. Die jungen Musiker*innen aus Leipzig freuen sich vor allem darauf auf die Bühne zurückzukehren und wollen endlich wieder Live-Musik hautnah erleben. Alle Infos und Termine zur Band findet ihr auf deren Homepage: deepinmoon.com

Foto: Jörg Jäkel

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Rodja Tröscher, Schauspieler und Filmemacher
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Rodja Tröscher, Schauspieler und Filmemacher
„Bereits in den ersten Tagen der Pandemie habe ich damit begonnen Comedy-Kurzfilme zu drehen. Da ich sehr viel Unsicherheit, Angst und teilweise Hysterie beobachtet habe, wollte ich dem entgegenwirken, indem ich die Leute zum Lachen bringe. Das GVL-Stipendium hat mir im letzten Jahr der Pandemie den Freiraum gegeben, Projekte besser und entspannter umzusetzen.“

Rodja Tröscher Schauspieler, Autor und Regisseur, hat mit der Förderung die drei Comedy-Kurzfilme „Survival Handbook“, „The Kid“ und „The Prisoner“ gedreht. Da sich seine Arbeitssituation durch die Pandemie veränderte, entschied er sich, den Fokus stärker aufs Filmemachen zu legen. Mit dem GVL-Stipendium konnte er diese Zeit überbrücken und seine geplanten Filmprojekte, die er anfangs privat finanzierte, umsetzen. Er freut sich, dass die Arbeit von Kunstschaffenden durch die Förderung besonders wertgeschätzt wird und findet, dass die GVL darauf stolz sein kann, was dieses Förderprogramm bewirkt hat. Er selbst erzielte mit seinen Filmen bei zahlreichen Filmfestivals weltweit Erfolge: Mit seinem Film „The Kid“ gewann er unter anderem den Gold Star Movie Awards (Best Comedy Short Film), beim Austin Micro Film Festival wurde er zum besten internationalen Regisseur nominiert. Die Kurzfilme von Rodja Tröscher findet Ihr auf seinem YouTube-Kanal „Roger and Out“

Foto: Urban Ruths

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Markus Kreul, Pianist
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Markus Kreul, Pianist
„Die Kraft der Musik ist ein Thema, das mich fasziniert. Durch die Corona-Pandemie wurde die Frage existenziell. Das Interviewformat stellt eine neue Facette meiner künstlerischen Arbeit dar, denn Musik findet nicht nur im Konzertsaal statt. Die Förderung der GVL hat es mir ermöglicht, dass dieser Prozess während der Pandemie nicht abbricht.“

Markus Kreul, Pianist für Klassik und Musikdozent, spricht in seinem Audio- und Videopodcast „Die Kraft der Musik – On Tour“ mit erfahrenen und leidenschaftlichen Musikerinnen und Musikern über die Bedeutung und die Wirkung von Musik. Ihr lernt ausgesuchte Gäste wie die Opernsängerin Okka von der Damerau oder den Cembalisten und Organisten Peter Kofler kennen. In Zusammenarbeit mit dem Münchner Künstlerhaus will Markus Kreul das Interviewformat im Herbst 2022 in ein Live-Format überführen. Alle Folgen des von der GVL geförderten Podcasts findet ihr auf den üblichen Podcast-Anbietern oder auf diekraftdermusik.com.

Foto: Konstantin Volkmar

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Julia Raab, Figurenspielerin & Theaterpädagogin
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Julia Raab, Figurenspielerin & Theaterpädagogin
„In meiner Werkstatt baue ich Figuren, Masken und Puppen selbst. Dank der Förderung konnte ich mich im Bereich Bautechnik weiterbilden – theoretisch und praktisch. Das hat einige Ideen für neue Projekte und Produktionen in Gang gesetzt.“ 

Julia Raab, Figurenspielerin und Theaterpädagogin, musste coronabedingt viele Vorstellungen und Projekte absagen. Das Stipendium der GVL hat ihr geholfen, die Zeit zu überbrücken und gleichzeitig ihre Kenntnisse im Figurenbau weiterzuentwickeln und in der Werkstatt zu experimentieren. Eine Bilderstrecke zur GVL-geförderten Tischfigur von Julia Raab könnt ihr euch auf ihrer Webseite ansehen: juliaraab.de

Foto: Julia Fenske

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Mercedes Lalakakis-Bee, Sängerin und Bassistin der Band Daily Thompson
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Mercedes Lalakakis-Bee, Sängerin und Bassistin der Band Daily Thompson
„Neben dem Videodreh konnten wir Marketingmaßnahmen umsetzen: Wir haben unsere Single wie auch das Album promotet und eine größere Reichweite erzielt. Der Antrag für das Stipendium der GVL war super einfach, verständlich und unkompliziert.“ 

Live-Gigs mit tanzenden und feiernden Menschen vor und auf der Bühne – das war in Zeiten von Corona leider nicht drin. Das hat Mercedes Lalakakis-Bee, Sängerin und Bassistin, der Rockband „Daily Thompson“ deutlich zu spüren bekommen. Sie und ihre Band haben die Zeit kreativ genutzt und sich ins Studio eingeschlossen, um ein neues Album zu produzieren. Die von der GVL geförderte Video zur neuen Single wurde mit der Künstlerin Gudrun Kattke und dem Filmemacher Daniel Hacker umgesetzt. Das Ergebnis findet ihr auf dem YouTube-Kanal von „Daily Thompson“.

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Benjamin Eberling, Musical-Darsteller und Synchronsprecher
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Benjamin Eberling, Musical-Darsteller und Synchronsprecher
„Auch wenn es für mich nichts Schöneres gibt, als Menschen zu begeistern, zu unterhalten und aus dem Alltag zu entführen, hat mich die Krise sehr nachdenklich gemacht. Die Förderung der GVL hat mir endlich wieder das Gefühl gegeben, wertgeschätzt und verstanden zu werden.“

Benjamin Eberling, Musical-Darsteller und Synchronsprecher, kannte es, berufsbedingt sehr flexibel sein zu müssen. Wie es aber ist, wenn einem plötzlich alle Engagements abgesagt werden, darauf war er vor der Pandemie nicht vorbereitet. Die GVL-Förderung hat ihm geholfen, eigene Projekte anzustoßen und zu realisieren. So hat Eberling die Zeit während der Pandemie genutzt, fünf eigene Soloprogramme zu kreieren und diese, als es wieder möglich war, erfolgreich aufzuführen. Zudem hat er sich in vielen Bereichen seiner Synchronarbeit, wie Sprechtechnik, Camera-Acting und Gesang weitergebildet, um für seine künftige Laufbahn noch besser gewappnet zu sein. Das Stipendium hat Benjamin Eberling gerade in der Zeit der Pandemie Mut gemacht und ihm das Gefühl für Wertschätzung und Relevanz seines Berufes vermittelt.