„Eine Frischzellenkur fürs Publikum“
Young Euro Classic (YEC) ist das Festival der besten Jugendorchester der Welt. In 25 Jahren hat es sich zu einer wichtigen Plattform des internationalen Orchesternachwuchses etabliert. Wir haben mit Festivalleiterin Dr. Gabriele Minz gesprochen.
GVL: Sie haben dieses Jahr mit dem Young Euro Classic das 25-jährige Bestehen gefeiert. Das Festival kommt beim Berliner Publikum, das ja von weltklassigen Orchestern verwöhnt ist, äußerst gut an. Wie erklären Sie sich diese Begeisterung für den Nachwuchs?
Gabriele Minz: Sie sagen zu Recht, das Klassikpublikum gerade in Berlin ist durch das große Angebot verwöhnt. Young Euro Classic bietet allerdings mit seinen Jugendorchestern und deren vitalen Präsentationen geradezu eine Frischzellenkur. Hier geht es nicht um profanen Wettbewerb, sondern um leidenschaftliches Musikmachen und darum, sich vor einem aufmerksamen Publikum zu bewähren. Und durch ihre Programme bringen die Orchester auch Stücke ihres Herkunftslandes sowie neue Kompositionen auf die Bühne und fordern so das Publikum heraus, sich mit Herz und Ohr für Neues zu öffnen.
Das Festival ist zwar der europäischen Idee verschrieben, lädt aber dennoch Künstler*innen aus der ganzen Welt ein. Wonach wählen Sie die teilnehmenden Orchester aus?
Orchester bewerben sich bei uns um eine Teilnahme. Dabei liegt unser Hauptaugenmerk auf nationalen Jugendorchestern, die jeweils die Spitze der Musikausbildung ihres Landes repräsentieren. Ansonsten würde das Angebot schnell an Qualität einbüßen. Zudem sind wir auch immer auf der Suche nach neuen Orchestergründungen. Wir wissen, dass für die Orchester ein Auftritt bei Young Euro Classic eine echte Validierung in ihren Heimatländern bedeutet, der ihnen zu Hause bei der Etablierung und der Rechtfertigung von Fördermitteln hilft. Insofern betreibt Young Euro Classic durch seine Einladungen in manchen Fällen sogar gezielte „Entwicklungshilfe“.
YEC prägt den Musiksommer in Berlin und füllt das Sommerloch, haben Sie jeweils einmal in Interviews gesagt. Welche Bedeutung haben die Nachwuchskünstler*innen für die Kulturlandschaft?
Nachwuchsmusikerinnen und -musiker sind, schlicht gesagt, die Zukunft und das Fundament des klassischen Musikbetriebes. Ihre Förderung muss uns allen ein Anliegen sein. Glücklicherweise scheint das Interesse junger Menschen an diesem Beruf nicht nachzulassen. In den Jugendorchestern, die Young Euro Classic präsentiert, sitzen nicht nur künftige Profimusikerinnen und Profimusiker, sondern auch Menschen, die danach ganz andere Berufe ergreifen, aber deren Leben immer geprägt sein wird von der Liebe zur Musik. Über die positiven Effekte von Musikerziehung ist genug gesagt worden. Bei unserem Festival steht all das im Fokus unseres Handelns.
Die GVL setzt sich mit ihren Förderungen für eine vielfältige Kulturlandschaft ein – dazu gehört für uns auch der Nachwuchs. Wie wichtig ist die Zusammenarbeit mit Sponsoren wie der GVL für die kulturelle Vielfalt und das künstlerische Angebot?
Wir sind der GVL unendlich dankbar für ihre treue Verbundenheit und finanzielle Unterstützung über viele lange Jahre. Mit dieser Förderung trägt die GVL zum Gelingen von Young Euro Classic in all seinen verschiedenen Facetten bei: zu wunderschönen und immer verschiedenen Konzerterlebnissen, zur Ermutigung von jungen Nachwuchsmusikerinnen und -musikern, zum Fortbestand der Orchesterszene in den jeweiligen Heimatländern. Es ist so einfach wie richtig: Ohne Förderer und Partner kann kein Festival existieren, und wir freuen uns, dass die GVL sich auf diese Weise auch Jahr für Jahr für den Nachwuchs der professionellen Orchester einsetzt.
Was zeichnet Ihrer Meinung nach Young Euro Classic als musikalisches Erlebnis für das Publikum und die jungen Künstler*innen aus?
Im vergangenen Festivalsommer wurde eine unserer Mitarbeiterinnen von jungen Orchestermusikern aus einem nicht-europäischen Land gefragt, was „dem Festival das Wichtigste“ an ihrer bevorstehenden Aufführung sei. Offenbar hatte das Konzert am Vorabend gehörigen Eindruck gemacht, und sie machten sich etwas Sorgen, wie ihre eigene Leistung wohl beim Publikum ankommen möge. Die Antwort war: Die Leidenschaft für die Musik und das Suchen des Kontaktes zum Publikum, die unbändige Spielfreude, die man in den Gesichtern der Musizierenden lesen und die man auch hören kann. Es mag beim YEC nicht immer so technisch perfekt klingen, aber das Publikum kommt nicht wegen der Perfektion, sondern wegen der Lebendigkeit und der Leidenschaft, die man diesen Musikerinnen und Musikern stets ansieht. In dieser Stadt kann man jede Woche die Berliner Philharmoniker und andere Profiorchester hören. Wenn man aber die Zukunft schon im Heute hören will mit der unbändigen Vitalität, der Begeisterung, der ausgelassenen Stimmung, dann kommt man zu Young Euro Classic.