„Ein gutes Beispiel für gelebte Beteiligungskultur“
Wir haben mit Prof. Christian Höppner, Präsident beim Deutschen Kulturrat (DKR), darüber gesprochen wie demokratische Mitwirkung im Kulturbetrieb gelingt und welche Themen die Kulturpolitik derzeit beschäftigt.
GVL: Sie waren nach 2017 und 2021 zum dritten Mal Wahlleiter bei den Delegiertenwahlen der GVL. Ist dieser besondere Auftrag inzwischen business-as-usual oder immer wieder spannend?

Prof. Christian Höppner: Für mich ist es immer wieder aufs Neue spannend. Zum einen finden die Delegiertenwahlen in jeweils veränderten gesellschaftspolitischen und damit auch kulturpolitischen Kontexten statt und zum anderen habe ich die Wahlen zur Berechtigtenversammlung in drei unterschiedlichen Formaten erlebt. Besonders beeindrucken mich nicht nur die Professionalität verbunden mit großer Sorgfalt, hoher Transparenz und technischer Kompetenz, mit der diese Wahlen seitens der GVL vorbereitet werden, sondern auch die Empathie und der Zusammenhalt des Teams, die ich in der Vorbereitung und Durchführung dieser Wahlen erlebe.
Welche Rolle spielt die demokratische Mitwirkung von Kulturschaffenden und deren Partnern in kulturpolitischen Institutionen? Wo können wir diesen Austausch weiter stärken?
Die Mitwirkung der Kulturschaffenden an demokratischen Meinungsbildungsprozessen auf allen föderalen Ebenen wie der organisierten Zivilgesellschaft, der Parlamente, Regierungen, Institutionen, Interessenvertretungen und der Kreativwirtschaft ist essenziell für ein lebendiges Kulturleben, weil die Erfahrungen vor Ort unverzichtbarer Bestandteil zukunftsorientierter Entscheidungen sind. Die GVL bietet mit ihrer Informationspolitik und ihrer Beteiligungskultur ein gutes Beispiel dafür.
Was sind derzeit die zentralen Themen, mit denen sich der Deutsche Kulturrat besonders intensiv beschäftigt?
Vor einer Woche hat uns Kulturstaatsminister Wolfram Weimer in unserer DKR-Geschäftsstelle besucht. Neben einem intensiven und spannenden Austausch zu aktuellen kulturpolitischen Themen hatte er uns auch die frohe Botschaft mitgebracht, dass die Finanzierung des Mentoringprogramms für weibliche Führungskräfte im Kulturbereich verlängert wird. Das Miteinander von demokratisch legitimierter Zivilgesellschaft und Staat wird uns angesichts der wieder intensivierten Diskussionen über das Rollenverständnis beschäftigen.
Der Schutz und die Förderung kreativen Schaffens u.a. mit der Umsetzung des AI-Acts gehören ebenso zur Agenda wie arbeits- und sozialpolitische Themen u.a. mit der Stabilisierung der KSK, der Einbeziehung von Selbstständigen in die Rentenversicherung und der Suche nach einer rechtssicheren Lösung der durch das Herrenberg-Urteil entstandenen Probleme, der große Bereich der kulturellen Bildung mit seinen Defizitbereichen kultureller Teilhabe und Vermittlung um nur einige Stichpunkte zu nennen. Die Agenda der Fachausschüsse des DKR spiegelt die Bandbreite der aktuellen Themen gut wider.
Sie sind selbst Berechtigter bei der GVL. Welche Bedeutung hat für Sie persönlich eine starke und handlungsfähige Verwertungsgesellschaft?
Ich habe seit meiner Jugendzeit, sei es als Solocellist und Vorsitzender des Orchestervorstandes des RIAS-Jugendorchesters oder als Landesvorsitzender der Jeunesses Musicales Berlin, immer wieder erfahren dürfen, dass gute Argumente, Durchhaltevermögen und der weite Blickwinkel auf gesellschaftliche Veränderungen zum Erfolg führen können. Das Selbstverständnis von gesellschaftspolitisch geprägtem Denken und Handeln im Sinne einer Mitverantwortung für unser Gemeinwohl verbindet sich für mich auf schönste Weise mit meinem künstlerisch-pädagogischen Tun. Die Chancen und Risiken im Zeitalter der sogenannten KI und die zunehmenden Brüche eines regelbasierten Zusammenlebens zeigt auch einmal mehr die zwingende Notwendigkeit einer starken und handlungsfähigen Verwertungsgesellschaft.