Gemeinsam für die klassische Musik: Die GVL und der OPUS Klassik
Der OPUS Klassik ist seit acht Jahren die wichtigste Auszeichnung für klassische Musik in Deutschland. Wie haben Sie beide die Entwicklung des Preises in dieser Zeit jeweils erlebt?
Clemens Trautmann: Als eine fortgesetzte Evolution unserer Initiative „von der Klassik für die Klassik”, die ja 2018 sofort nach dem Ende des ECHO aus der Not geboren wurde und der dieses Jahr eine kleine Revolution folgte, indem wir die Trägerorganisation des OPUS Klassik in die Gemeinnützigkeit überführt haben. Damit haben wir das umgesetzt, was inhaltlich von Anfang an im OPUS Klassik angelegt war: ein wirklich übergreifender und unabhängiger Preis für herausragende Leistungen sowohl auf Tonträger als auch im Live- und Verlagsbereich, ein Schulterschluss zwischen kleineren und größeren Kulturvermittlern und Unternehmen unseres Genres auf der Trägerseite und nicht zuletzt ein Fokus auf möglichst breite Teilhabe – sei es edukativ für die nächste Generation von Klassikbegeisterten oder durch reichweitenstarke Medienformate. Dass diese organische Entwicklung bisher so aufgegangen ist, macht uns glücklich und vielleicht sogar ein wenig stolz.
Guido Evers: Was du beschreibst, Clemens, kann ich nur bestätigen: Es war großartig zu erleben, wie sich der OPUS Klassik in acht Jahren zu einem Leuchtturm für die klassische Musik weiterentwickelt hat. Die Gala im Konzerthaus und das gesamte OPUS-Wochenende sind heute ein gesellschaftliches Ereignis, das Künstler*innen, Labels und Publikum auf besondere Art verbindet. Klassische Musik als Teil der deutschen Musikkultur liegt der GVL sehr am Herzen – deshalb fördern wir den Preis seit 2019 im Rahmen unserer Zuwendungen.
Seit 2025 organisiert die Gesellschaft zur Förderung der Klassischen Musik gGmbH den OPUS. Welche konkreten Veränderungen ergeben sich daraus für die Ausrichtung und Strahlkraft des Preises?
Clemens Trautmann: Zunächst haben wir es mit einer ideellen Geschichte zu tun: Wir können das Ethos, das schon den Verein geprägt hat, nun auch nach außen hin deutlich sichtbar machen. Das Siegel der Gemeinnützigkeit ist dabei von großer Bedeutung für die Künstler*innen, aber auch für alle beteiligten Unternehmen auf Seiten der Labels und der Veranstaltenden. Aber nicht zuletzt ist das Siegel ebenfalls von großer Bedeutung für bestehende und potenzielle neue Partner*innen, die den OPUS Klassik finanziell unterstützen. Die GVL ist – und das sage ich ohne Übertreibung – der wichtigste und verlässlichste Partner des Preises und auch der einzige, der seit Beginn ununterbrochen engagiert ist. Übrigens nicht nur durch kulturpolitische Zuwendungen, sondern auch durch inhaltliche Impulse. Insofern ist die Nachhaltigkeit des OPUS Klassik auch ein Erfolg der GVL für die ganze Branche und all ihre Berechtigten.
Guido, du bist Mitglied des Beirats dieser Gesellschaft. Welche Rolle spielt dieses Gremium inhaltlich – und welche Impulse bringt die GVL dabei ein?
Guido Evers: Als Beiratsmitglied sehe ich meine Rolle darin, die Arbeit des Opus Klassik konstruktiv zu begleiten und unabhängige Expertise auch in strukturellen und förderpolitischen Fragen einzubringen. Das Gremium wird bei Grundsatzentscheidungen hinzugezogen, um Transparenz und inhaltliche Qualität zu sichern. Über die GVL können dabei wichtige Impulse zu Vielfalt, Teilhabe und Zukunftsfähigkeit der klassischen Musik eingebracht werden, die den Preis nachhaltig prägen.
(Foto: Markus Nass / Gesellschaft zur Förderung der Klassischen Musik gGmbH)
Klassik steht für Tradition, doch der OPUS KLASSIK setzt immer wieder neue Akzente – etwa mit Kategorien wie „Innovatives Konzert“ oder „Klassik ohne Grenzen“. Wie gelingt es, diesen Spagat zwischen Bewahrung und Aufbruch zu gestalten?
Clemens Trautmann: Wir wollen die klassische Musik in all ihrer Vielfalt und ihrem Reichtum abbilden. Und ja, wenn man die Preisträger-Gala vor Ort im Konzerthaus oder im ZDF erlebt, dann sieht man den gesellschaftlich bestens etablierten Teil unserer Kunstform. Dabei darf man nicht vergessen, dass der Klassik eine revolutionäre Kraft innewohnt, historisch hat sie immer auch Raum für Protest gegen bestehende Verhältnisse oder für kreative Grenzüberschreitungen geboten. Gegenläufig schafft klassische Musik aber auch eine unglaubliche Intimität und wichtige Rückzugsräume, vor allem in der Kammermusik. Um all diese Aspekte erlebbar zu machen, haben wir der Gala ein zweites Preisträgerkonzert mit Kammermusik an ungewöhnlichen urbanen Spielstätten wie dem Kühlraum oder der Elisabethkirche gegenübergestellt.
Klassische Musik ist ein zentraler Teil des deutschen Musikmarkts, gleichzeitig muss sie sich gegenüber anderen Genres behaupten. Welche gesellschaftliche Aufgabe erfüllt Klassik heute – und welchen Beitrag leistet der OPUS dabei?
Guido Evers: Klassische Musik stiftet kulturelle Identität, vermittelt Werte und schafft Räume für Reflexion jenseits des Alltäglichen. Für die GVL ist sie besonders bedeutsam, da viele klassische Musiker*innen und Labels zu unseren Berechtigten zählen. Der OPUS Klassik macht ihre Leistungen sichtbar, stärkt ihre Präsenz im Musikmarkt und ist ein einzigartiges Schaufenster auch, um jüngere Generationen zu erreichen.
Clemens Trautmann: Zuhören und Dialogfähigkeit – gerade auch die leisen Töne und Zwischentöne – sind besonders kennzeichnende Werte unseres Genres, die in einer zunehmend polarisierten Gesellschaft nicht genug gepflegt werden können. Und da Du die Musikschaffenden selbst ansprichst – es ist immer wieder großartig zu erleben, wieviel Kraft und Motivation diese Trophäe oder schlicht der Gang über den roten Teppich den Künstler*innen geben. Weil durch den OPUS Klassik außerordentliches kreatives Schaffen, das ja oft genug mit vielen Entbehrungen verbunden ist, öffentlich vor einem Millionenpublikum anerkannt wird. Der OPUS Klassik stiftet jedes Jahr ein Gemeinschaftsgefühl, was bei all den wirtschaftlichen und ästhetischen Umbrüchen der Branche einen hohen Wert hat.
Guido Evers: Absolut! Dieses Gemeinschaftsgefühl – das Erlebnis der Verbundenheit durch die Musik – macht den OPUS Klassik so einzigartig. Dem kommt gerade in heutigen Zeiten eine besondere Bedeutung zu.
Danke für das Gespräch, lieber Herr Trautmann, lieber Herr Evers.