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Interview: Musikalisches Ehrenamt überwindet Grenzen

Wir haben mit Judith Hopfhauer von "Musiker ohne Grenzen" über ehrenamtliches Engagement und die GVL-Kulturförderung gesprochen.

„Musiker ohne Grenzen“ ist ein weltweites Netzwerk kreativer Musikprojekte, das Menschen unabhängig von ihrer Lebenssituation einen Zugang zur Musik, insbesondere das Erlernen eines Instruments, ermöglichen möchte, um durch die Kraft der Musik sozialen Wandel anzustoßen.

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Judith Hopfhauer studiert Schulmusik an der Hochschule für Musik und Theater Leipzig. Die Sopranistin ist als Solistin und in Chorprojekten künstlerisch aktiv. Außerdem spielt sie Violoncello. Bei Musiker ohne Grenzen ist sie im Vorstand.

GVL: Der Name „Musiker ohne Grenzen“ weckt natürlich Assoziationen mit Ärzte- oder Reporter ohne Grenzen. Wie kam Ihnen die Idee, auch eine solche Initiative für Musiker*innen zu gründen?

Hopfhauer: Auch wenn die genannten Organisationen inhaltlich unterschiedliche Ziele verfolgen, ist ihnen doch der Wunsch gemein, Grenzen zu überwinden und sich für die Gemeinschaft einzusetzen. Wir sind fest davon überzeugt, dass die Musik ein ganz wunderbares Mittel ist, Grenzen zu überwinden.

Sie haben für Ihre soziale Arbeit dieses Jahr den VIA-Sonderpreis für besondere Verdienste für die unabhängige Musikbranche erhalten. Wir haben uns übrigens sehr über Ihre dankende Erwähnung der GVL während der Preisverleihung in Hamburg gefreut. Wie haben Sie auf die Auszeichnung reagiert? 

Wir sind hocherfreut, dass unser vergleichsweise kleiner Verein bei all den sozialen Projekten, die es gibt, wahrgenommen wird. Wir sehen die Auszeichnung mit dem VIA-Sonderpreis als große Chance, um noch mehr Menschen zu erreichen und für unser ehrenamtliches Engagement zu begeistern. Wir möchten uns daher herzlich beim VUT für den Preis bedanken.

Zur Geschichte des Vereins

Begonnen hat alles im Jahr 2005 mit einer deutschen Abiturientin, die sich während eines Auslandsaufenthalts in Ecuador spontan dazu entschloss, in einem sozialen Brennpunkt Musikunterricht anzubieten. Drei Jahre später gründeten einige Hamburger Musikstudierende den Verein „Musiker ohne Grenzen“, um die Musikschule, die zwischenzeitlich aus der Initiative erwachsen war, besser zu unterstützen. Nach und nach entstanden neue musikalische Projekte an Orten wie den Galapogos-Inseln, auf Jamaika, in Ghana und seit diesem Jahr erstmals auch in Bremen. Mittlerweile sind die Einzelprojekte in eigenen Vereinen unter dem Dach der Mutterorganisation „Musiker ohne Grenzen“ organisiert.

Musiker ohne Grenzen hat in diesem Jahr eine finanzielle Förderung durch die GVL erhalten. Haben Sie etwas Besonderes mit den Geldern anfangen können und wie haben Sie die Förderung durch die GVL bisher erlebt?

Wir fühlen uns durch die finanzielle Unterstützung der GVL in unserer Arbeit bestärkt. Wir konnten unsere Vereinsarbeit verlässlicher planen und die Projekte besser unterstützen. Zum Beispiel veranstalten wir regelmäßige Vorbereitungsseminare, damit unsere „grenzenlosen Musiker*innen“ gut vorbereitet in die Projektarbeit starten können. Das ist sehr zeitaufwendig und stellt uns – als ehrenamtlichen Verein – immer wieder vor personelle und finanzielle Herausforderungen. Dank der Förderung konnten wir drei gelungene Seminare gestalten und das trotz der zusätzlichen Herausforderungen, die sich aus der Corona-Pandemie ergeben haben.


Das Ziel Grenzen zu überwinden, um mit anderen Menschen zusammenzukommen, steht bei Musiker ohne Grenzen im Namen. Wie hat die international wirkende Krise der Coronapandemie Ihre Arbeit beeinflusst?

Die Auswirkungen der Pandemie waren tatsächlich sehr einschneidend für unsere Netzwerkarbeit. In allen Projekten musste – zumindest zeitweise – die musikalische Arbeit ruhen, da die Unterrichtsräume geschlossen waren oder schlichtweg die Kontaktverbote das gemeinsame Musizieren unmöglich gemacht haben. Darüber hinaus konnten und wollten wir aufgrund der Risiken lange Zeit keine Musiker*innen aus Deutschland in die Projektländer vermitteln.

Da wir bereits vor der Pandemie langjährige Erfahrung in der Online-Arbeit gemacht haben, war es uns glücklicherweise möglich, einen Teil der Arbeit in den digitalen Raum zu verlagern. Mehrere Mitgliedsvereine haben auf diese Weise verschiedene Online-Unterrichtsformate angeboten und konnten so weiterhin mit den Schüler*innen in Kontakt bleiben. Wir sind uns aber der Grenzen des digitalen Raumes bewusst. Wir sind daher sehr froh, dass wir wieder zu einem präsenten Musizieren und lebhaften Vereinsleben zurückkehren konnten.


Wenn jemand unter den Berechtigten der GVL bei Ihnen mitmachen will, welche Möglichkeiten bieten sich zur Mitarbeit und an wen wendet man sich? 

Der herkömmliche Weg bei Musiker ohne Grenzen aktiv zu werden, ist über die musikalische Mitarbeit bei einem unserer Auslandsprojekte. Es besteht aber auch die Möglichkeit im Inland aktiv zu werden, etwa bei unserem jüngsten Projekt in Bremen. Ansonsten ist auch eine Mitgliedschaft im Verein möglich und generell jede Fürsprache sowie Werbung für Musiker ohne Grenzen bzw. die dahinterstehende Vision. Wir freuen uns über jedes Engagement!

  1. Foto: Julian Bendixen, Torre Wührmann und Frederik Köller nahmen für ihren Verein den VIA-Sonderpreis in Hamburg an. (Foto: Stefan Wieland)
  2. Foto: Flötenunterricht in La Entrada, Olon Ecuador
  3. Foto: Klavierunterricht in La Entrada, Olon Ecuador
  4. Foto: Music Camp in Korle Gonno im August 2022, Accra, Ghana
  5. Foto: Vorbereitungsseminar Sommer 2022