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„Wir brauchen gesetzliche Regelungen zum Umgang mit KI“

Im aktuellen Interview stellen wir 4 Fragen an Leslie Malton vom BFFS.

Die GVL vertritt rund 12.000 Schauspieler*innen und Synchronschauspieler*innen. Der Bundesverband Schauspiel (BFFS) ist einer der vier Gesellschafter der GVL. Wir sprachen mit der BFFS-Vorsitzenden Leslie Malton über die aktuelle Lage ihrer Schauspielkolleg*innen und zu den Herausforderungen der Branche.

GVL: Erst hatten wir die Corona-Pandemie, dann Inflation durch Kriegsausbruch und nun droht KI die gesamte Kreativwirtschaft umzukrempeln. Wie geht es den deutschen Schauspieler*innen und Synchronschauspieler*innen gerade?

 

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Leslie Malton: Die letzten Jahre hatten es in sich und es gibt eine gewisse Unruhe bei allen Schauspieler*innen jeglichen Faches. Im Fernsehbereich sind wir inzwischen mit niedrigen Sondergagen konfrontiert, die weit unter den sonst üblichen Gagen liegen. Diese werden von den Sendern mit Budget-Kürzungen oder der Pandemie begründet. Hier wird der BFFS versuchen, mit seinen Tarif- und Sozialpartnern tarifvertragliche Regelungen zu erreichen. 

Im Bühnenbereich ist uns das ja in jüngster Zeit schon gelungen: Mit dem Tarifvertrag „NV Bühne 2022“ haben wir eine ganz wichtige Anhebung der Mindestgage erreicht und mit unseren Partnergewerkschaften sogar einen Inflationsausgleich für die Beschäftigten an den deutschen Theatern durchsetzen können.

Wir brauchen entsprechende gesetzliche Regelungen zum Umgang mit KI: Kennzeichnungspflicht, Rechteregelung im Zusammenhang mit KI oder Vergütungsregelungen in Bezug auf KI-Nutzung, das sind alles Themen, die wir ansprechen müssen.

Die Regulierung von KI wird eine ähnliche Wichtigkeit für Ihre Mitglieder haben wie die EU-Urheberrechtsrichtlinie. Wie sind die Verbände wie der BFFS hier zukünftig gefragt?

Auch hier ist unerlässlich, dass der BFFS gemeinsam mit seinen Sozial- und Tarifpartnern Tarifregelungen aufstellt, die unsere Arbeit, Urheberrechte und Vergütung schützen – zum Beispiel in den Verhandlungen zum Manteltarifvertrag Film Fernsehen (TV FFS) und zum Schauspielgagentarifvertrag. Daneben erfordert es aber auch ein wichtiges politisches Engagement. Denn wir brauchen entsprechende gesetzliche Regelungen zum Umgang mit KI: Kennzeichnungspflicht, Rechteregelung im Zusammenhang mit KI oder Vergütungsregelungen in Bezug auf KI-Nutzung, das sind alles Themen, die wir ansprechen müssen.

In den USA hat kürzlich die gesamte Filmbranche gestreikt. Sind solche Szenarien in Deutschland auch vorstellbar? Wie lassen sich hierzulande politische Entscheidungsprozesse konstruktiv und fair im Sinne aller Beteiligten bestimmen?

Im Jahr 2011 hat der BFFS an 14 deutschen Drehorten Warnstreiks zur Einführung einer Einstiegsgage organisiert. Dadurch wurden die festgefahrenen Verhandlungen von Seiten der Produzentenallianz wieder aufgenommen und der BFFS konnte seine Forderung nach einer Gagenuntergrenze erfolgreich durchsetzen. 

Natürlich wird der BFFS auch bei zukünftigen Tarifverhandlungen die Option zum Arbeitskampf immer im Auge haben, wenn wir unter Abwägung der konkreten Umstände einen Streik als notwendig erachten. Aber selbstverständlich sind wir eher an konstruktiven Gesprächen auf Augenhöhe interessiert. Denn die Herausforderungen, die KI mit sich bringt, sind mittlerweile allen bewusst. Da müssen wir nur über den Atlantik schauen. Die Resultate des Streiks in den USA werden gewiss auch in Deutschland wegweisend sein. Wir freuen uns über angeregte Gespräche zu diesem Thema!

Natürlich wird der BFFS auch bei zukünftigen Tarifverhandlungen die Option zum Arbeitskampf immer im Auge haben, wenn wir unter Abwägung der konkreten Umstände einen Streik als notwendig erachten.

Die GVL fördert den Deutschen Schauspielpreis seit etlichen Jahren und bekennt sich mit Freude zu diesem Engagement. Sie haben die verschiedenen Kategorien, in denen der Preis verliehen wird, im vergangenen Jahr umbenannt. Wie kam es zur Entscheidung?

Wir sind sehr dankbar, dass die GVL den Schauspielpreis schon seit so vielen Jahren fördert. Das zeigt die Verbundenheit der GVL als Verwertungsgesellschaft mit der Schauspielbranche.

Mit der Umbenennung war es uns wichtig auf die Entwicklungen innerhalb der Branche und der Gesellschaft zu reagieren. Statt die Auszeichnungen des „besten Hauptdarstellers“ und der „besten Hauptdarstellerin“ auf eine „beste*n Hauptdarsteller*in“ zu reduzieren, wie es die Berlinale gemacht hat, haben wir den Preis für zwei Preisträger*innen geöffnet. Das heißt, es werden beim Deutschen Schauspielpreis weiterhin zwei Schauspieler*innen ausgezeichnet – aber eben können jetzt beide weiblich, männlich oder non-binär sein – es geht bei beiden nur um die Leistung und nicht um das Geschlecht. 

Neu hinzukommt auch, dass Darsteller*innen einer Episodenhauptrolle bedacht werden. Diese Kategorie ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Rollenangebotes und schließt die Lücke zwischen der Nebenrolle und dem „Starken Auftritt“. Die Kategorie „Duo“ ist auch neu dazugekommen. Wir haben bei der Verleihung im vergangenen Jahr, als die neuen Kategorien erstmals vorgestellt wurden, sehr deutlichen Zuspruch von unseren Mitgliedern erhalten. Diese Zustimmung freut uns natürlich sehr.

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Fotos: Joachim Gern

Leslie Malton engagiert sich seit der ersten Stunde beim Bundesverband Schauspiel (BFFS) und ist seit 2019 dessen Vorsitzende. Die US-amerikanisch-deutsche Schauspielerin und Synchronschauspielerin begann ihre Karriere am Burgtheater in Wien. Einem breiten Publikum bekannt wurde sie 1993 in Dieter Wedels „Der große Bellheim“. Seitdem spielte sie in über 140 Film- und Fernsehproduktionen mit. Seit 2015 ist sie Botschafterin für Kinder mit Rett-Syndrom.