Die GVL international: Zwischen Wettbewerb und Partnerschaft
Interview mit Burkhard Sehm, Bereichsleiter Legal & Business Affairs
Kunst endet nicht an Ländergrenzen. Die GVL vertritt daher die Interessen ihrer Berechtigten in der ganzen Welt. Neben dem reinen Vergütungsaustausch hat die strategische Zusammenarbeit mit internationalen Partnern und Verwertungsgesellschaften in den vergangenen Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Wir haben mit Burkhard Sehm, Bereichsleiter Legal & Business Affairs und für die internationalen Aktivitäten der GVL verantwortlich, über diese Entwicklung gesprochen.
Wie hat sich die internationale Arbeit der GVL in den vergangenen Jahren entwickelt?
Wirtschaftlich hat sie ein deutliches Wachstum erfahren. Dies liegt zum einen am Abschluss neuer, zusätzlicher Repräsentationsvereinbarungen mit ausländischen Verwertungsgesellschaften. Zum anderen haben wir unsere technischen Systeme und Prozesse optimiert und konnten damit die operative Zusammenarbeit auf solide Füße stellen. Wir stellen auch fest, dass die gemeinsame Investition in internationale Datenbankprojekte Früchte trägt: Es stehen hochwertigere Daten zur Verfügung, wodurch der internationale Austausch von Vergütungen gesteigert werden kann. So konnten wir im Jahr 2021 neun Millionen Euro Einnahmen aus dem Ausland erzielen, worin als Sondereffekt aber auch Zahlungen für zurückliegende Zeiträume enthalten sind. An die Berechtigten der GVL werden diese internationalen Erlöse mittlerweile zeitnah bis zu vier Mal im Jahr weitergeleitet. Dahinter steckt ein schlagkräftiges Team in der GVL. Dies zahlt sich aus: Immer mehr internationale Berechtigte vertrauen uns auch ihre Auslandsrechte zur Wahrnehmung an.
Welche Rolle spielt die GVL für andere Verwertungsgesellschaften auf internationaler Ebene?
Über Repräsentationsvereinbarungen vertritt die GVL inzwischen weit über eine Million internationale Künstler*innen und Hersteller*innen. Als eine der größten und wirtschaftlich stärksten Verwertungsgesellschaften weltweit ist die GVL international also ein viel beachteter Partner. Entsprechend hohe Erwartungen haben Schwestergesellschaften sowohl in wirtschaftlicher Hinsicht als auch mit Blick auf einen reibungslosen und transparenten Vergütungsaustausch mit der GVL. Die GVL wird zudem als Know-How-Träger in verschiedensten verwertungsgesellschaftlichen Disziplinen gesehen. Es ist unser Ziel, diesen Erwartungen weiterhin gerecht zu werden.
Welche Vorteile zieht die GVL aus dem internationalen Geschäft – jenseits der Einnahmen?
Das internationale Geschäft bewegt sich in einem äußerst fruchtbaren Spannungsfeld, in dem wir und die anderen Verwertungsgesellschaften uns als Wettbewerber, aber gleichzeitig auch als Partner begegnen. Denn letztlich profitieren wir gegenseitig von Fortschritten und der Weiterentwicklung anderer Verwertungsgesellschaften. Als eine der größten Verwertungsgesellschaften weltweit bringen wir uns intensiv in internationale Arbeitsgruppen und Gremien so zum Beispiel unter dem Dach der SCAPR (Societies’ Council for the Collective Management of Performers’ Rights) oder dem Dach der ifpi (International Federation of the Phonographic Industry) ein, um die internationale Zusammenarbeit und den Wissensaustausch zu fördern. Die GVL ist gern gesehener und geschätzter Partner und Impulsgeber. Natürlich positionieren wir dort auch aktiv und wirkungsvoll Themen, die im Interesse unserer Wahrnehmungsberechtigten liegen.
Wie konkret sieht die Arbeit in den diversen Arbeitsgruppen aus? Welche Themen stehen derzeit im Fokus?
Die Bandbreite der Themen in den Arbeitsgruppen ist groß. Sie betrifft operative, rechtliche, wirtschaftliche und tarifliche Fragen. In den vergangenen Jahren standen auch technische Fragen zu internationalen Datenbanklösungen im Vordergrund. Allgemein wird viel Potential in der Vereinheitlichung von Prozessen und Schnittstellen und der Zentralisierung von Datenquellen gesehen. Zu nennen sind in dieser Hinsicht sicherlich Lösungen wie VRDB (Virtual Recording Database), RDx (repertoire data exchange service) oder IPD (International Performers Database). An der Entwicklung all dieser Projekte ist die GVL maßgeblich beteiligt.
Hat Corona die internationale Zusammenarbeit beeinflusst?
Vermutlich im gleichen Ausmaß wie in anderen geschäftlichen Kontexten. Der Einsatz von Videokonferenzen hat die Frequenz der Meetings steigen lassen und sie einem erweiterten Teilnehmerkreis geöffnet. Hierdurch konnte teils Effektivität gewonnen werden. Dennoch: Der für eine gute Zusammenarbeit wichtige persönliche Austausch in dem äußerst heterogenen internationalen Umfeld, die Gespräche und Impulse am Rande von Konferenzen oder die gegenseitigen Besuche fehlen ungemein. Wir freuen uns daher, dass wir kürzlich nach zwei Jahren Digitalmeetings wieder Gäste bei der GVL empfangen konnten und nun auch selbst wieder persönlichen Einladungen folgen können.