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„Die Sichtbarkeit von FLINTA hat wahrnehmbar zugenommen.“

3 Fragen an Dr. Birte Wiemann vom VUT über Frauenförderung in der Musikwirtschaft

Wir haben mit Dr. Birte Wiemann, Vorstandsvorsitzende beim VUT, über MEWEM gesprochen. Das Mentoringprogramm des VUT und der InitiativeMusik fördert gezielt weibliche, trans und non-binäre Nachwuchstalente in der Musikwirtschaft.

GVL: Im Juni 2025 startet die nächste Bewerbungsrunde für das MEWEM Mentoringprogramm. Warum sind gezielte Förderprogramme wie dieses für FLINTA-Personen in der Musikwirtschaft aus eurer Sicht so wichtig?

 

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Dr. Birte Wiemann ist Vorstandsvorsitzende beim VUT. Foto: Stefan Wieland

Wiemann: Tatsächlich starten wir in diesem Jahr die sage und schreibe siebte MEWEM-Runde, so dass bis zum Ende des Jahres 2025 beinahe 150 FLINTA-Personen von unserem Mentoringprogramm sowohl als Mentor*in als auch als Mentee profitiert haben werden. Studien zeigen, dass gerade ein eng betreutes Mentoring, das auf ein starkes Netzwerk baut, ein über alle Maßen wirksames Mittel ist, um Geschlechterungerechtigkeiten – nicht nur in der Musikbranche – abzubauen. Die Musikbranche unterscheidet sich leider nicht sehr von anderen Branchen darin, dass FLINTA zwar hochqualifiziert sind, aber kaum Zugang zu Führungspositionen haben. Wenn wir die Führungsebenen in Musikunternehmen unter die Lupe nehmen, fehlt es ganz klar weiterhin an Diversität. Für diese "gläserne Decke" gibt es verschiedene Gründe. Ganz zentral sind aber mangelnde Sichtbarkeit und Anerkennung von "weiblichen Talenten" und auch eine Selbstzensur, die sich während der gesamten Ausbildung entfaltet, sobald FLINTA beginnen, über ihre berufliche Zukunft nachzudenken.

Warum hat das Thema Geschlechtervielfalt und FLINTA-Förderung für euch beim VUT einen so hohen Stellenwert? Welche Rolle spielt dieser Fokus insbesondere im Hinblick auf Nachwuchsförderung und die Zukunft der Branche?

Der VUT ist der Verband unabhängiger Musikunternehmer*innen und gerade die unabhängige Musikbranche steht für Offenheit und Agilität in einem sich rasant verändernden Markt und dafür, gesellschaftliche Veränderungen vielleicht auch ohne die Möglichkeit einer eigenen DEI-Abteilung (Diversity, equity, and inclusion ist engl. für Gleichberechtigung, Diversität und Inklusion, Anm. der Red.) im Unternehmen anzunehmen und umzusetzen. Auch unsere Mitglieder müssen sich für die Zukunft aufstellen und müssen sich überlegen, wie sie die Themen Gleichberechtigung, Diversität und Inklusion am Arbeitsplatz einschließlich der Felder Recruiting und Mitarbeiter*innenbindung umsetzen. Auf Diversität im eigenen Unternehmen zu setzen, macht dieses rentabler, anpassungsfähiger, innovativer und versetzt es in die Lage, Spitzenkräfte leichter zu gewinnen und zu halten. Und das kann nur positiv sein.

Die Musikwirtschaft ist nach wie vor stark männlich geprägt – sowohl auf der Bühne als auch in den Führungsetagen. Spürt ihr dennoch einen Wandel – sei es in der täglichen Zusammenarbeit oder in der öffentlichen Debatte? Wo seht ihr positive Entwicklungen, wo besteht weiterhin Handlungsbedarf?

Dass wir hier noch längst nicht bei der idealen Zusammensetzung aller Beteiligten in der Musikwirtschaft angekommen sind, steht außer Frage. Ich habe aber das Gefühl, dass die Sichtbarkeit von FLINTA-Personen sowohl auf der Bühne als auch in den Führungsetagen in den letzten zehn Jahren wahrnehmbar zugenommen hat. Der Prozess an sich darf sehr gern an Geschwindigkeit zunehmen und wir hoffen, dass Programme wie MEWEM dazu beitragen. Ganz konkret stellen wir fest, dass wir in den ersten Runden des MEWEM-Programmes hin und wieder auf die gleichen Mentor*innen zurückgreifen mussten, während wir heute über eine lange Liste an potentiellen Mentor*innen verfügen. Wir zählen sehr darauf, dass die Liste – auch durch unser Mentoring – mittelfristig immer länger wird.

Hier gilt es jedoch gleichzeitig zu beachten, dass die Kategorie Geschlecht gern herangezogen wird, um Vielfalt zu erfassen, eine echte Diversität aber deutlich mehr Kategorien umfasst.

Dr. Birte Wiemann, arbeitet seit 2005 bei Cargo Records in Wuppertal und hat dort als Labelmanagerin Labels wie Trustkill, Revelation und Equal Vision betreut. Sie ist seit 2016 Mitglied des VUT-Vorstandes und seit 2021 Vorstandsvorsitzende. Unter den zahlreichen Themen, die den VUT umtreiben, liegen Birte besonders ein besonnenes Fortkommen in der Streamingdebatte, der Umgang mit KI in unserer Branche und das MEWEM-Mentoringprogramm für den weiblichen, trans und non-binären Nachwuchs in der Musikwirtschaft am Herzen.

Das Mentoringprogramm MEWEM fördert gezielt weibliche, trans und non-binäre Nachwuchstalente in der Musikwirtschaft. Als Projekt des VUT in Kooperation mit der Initiative Musik verfolgt es das Ziel, langfristig mehr Vielfalt in der Branche zu etablieren – insbesondere in Führungspositionen und als Gründerinnen. Durch den direkten Austausch mit erfahrenen Branchenexpert*innen erhalten die Teilnehmenden in Workshops, Panels und Netzwerktreffen wertvolle Impulse für ihre berufliche und persönliche Weiterentwicklung.

FLINTA: Das Akronym steht für Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans und agender Personen.