Ausbleibende Privatkopie-Vergütung führt zu drastischer Senkung der GVL-Einnahmen in 2011
Die Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL) muss eine Absenkung der Gesamterträge um 29,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr verkraften. Die Erlöse sanken im Geschäftsjahr 2011 um 54,6 Millionen Euro auf nun 128,3 Millionen Euro. „Das Berichtsjahr war gekennzeichnet durch massive Einbrüche bei den Abgaben für die Privatkopie“, erläutern Dr. Tilo Gerlach und Guido Evers, die Geschäftsführer der GVL, den Jahresabschlussbericht für 2011. Damit ist eine der wesentlichen Einnahmequellen der GVL, die Geräteabgabe für Privatkopien, fast vollständig ausgefallen.
Der Rückgang der Gesamterträge ist der Tatsache geschuldet, dass – anders als im Vorjahr – die Forderungen für die Privatkopie-Abgabe gegenüber der Industrie nicht einmal mehr konkretisierbar waren. „Es bestehen aktuell keine Gesamtverträge zwischen den in der ZPÜ zusammengeschlossenen Verwertungsgesellschaften und der Hardware-Industrie für die Leergeräteabgabe. Die Durchsetzung der gesetzlich vorgesehenen Vergütungen müssen wir nun durch eine Vielzahl langwieriger Gerichtsverfahren einklagen“, erklären Evers und Gerlach. „Das neue gesetzliche Verfahren wird auf katastrophale Weise einseitig missbraucht. Diese Verweigerungshaltung führt zu einem dramatischen Einnahmerückgang, mit der Folge, dass wir auf nicht absehbare Zeit nur deutlich reduzierte Zahlungen an unsere Berechtigten weiterleiten können. Für unsere Berechtigten führt das zu erheblichen Einbußen im Rahmen der Verteilung.“ Vergütungen für Vervielfältigungsrechte führten 2011 zu Erlösen in Höhe von nur noch 2,4 Millionen Euro (Vorjahr: 56,5 Millionen Euro). Selbst davon ist bisher nur ein Teilbetrag von 0,4 Millionen Euro tatsächlich an die GVL gezahlt worden.
In den übrigen Geschäftsbereichen ist die Situation stabil, es werden leichte Steigerungen gegenüber dem Vorjahr verzeichnet. Das Ergebnis im Bereich der Sendevergütung liegt mit 79,1 Millionen Euro per Saldo um 1,3 Prozent unter dem des Vorjahres, ist also nahezu konstant. Die Vergütungen für Vermietung und Verleih lagen 2011 bei 3,4 Millionen Euro (Vorjahr: 2,8 Millionen Euro). Für die Kabelweitersendung künstlerischer Darbietungen, die nicht Tonträger und Videoclips betreffen, wurden 2,2 Millionen Euro erlöst (Vorjahr: 2,0 Millionen Euro). Die Zinserträge reduzierten sich auf Grund des anhaltend niedrigen Zinsniveaus von 2,1 Millionen Euro in 2010 auf 1,8 Millionen Euro in 2011. Bei den Erträgen aus der öffentlichen Wiedergabe konnte die GVL 38,9 Millionen Euro (Vorjahr: 38,7 Millionen Euro) verzeichnen.
Der GVL-eigene Verwaltungsaufwand ist von 6,2 Millionen Euro auf 8,9 Millionen Euro gestiegen, was einem Kostensatz von 7,0 Prozent entspricht. Diese Zunahme ergibt sich hauptsächlich aus der Umstellung des Verteilungssystems für aus- übende Künstler und dem dadurch gestiegenen Personalbedarf. Die Zuwendungen für kulturelle, kulturpolitische und soziale Zwecke in 2011 lagen bei 3,4 Millionen Euro. Auch dieser Bereich ist durch die Einnahmeausfälle rückläufig.
Der Jahresüberschuss der GVL in 2011 vor Steuern und Verteilung beträgt 112,3 Millionen Euro (Vorjahr: 169,3 Millionen Euro). Nach Abzug von Zuwendungen und des gesperrten Betrages bleibt ein für die Verteilung zur Verfügung stehender Betrag von 106,9 Millionen Euro (Vorjahr: 122,4 Millionen Euro).
Die Verbindlichkeiten gegenüber Berechtigten aus Verteilungen haben sich gegenüber dem Vorjahr deutlich von 4,2 Millionen Euro auf 38,5 Millionen Euro erhöht. Grund ist die Umstellung auf das nutzungsbasierte Verteilungssystem, bei dem Vergütungen für Künstler nicht mehr vollständig für ein Verteilungsjahr ausgekehrt werden können. So können die berechtigten Künstler ihre Ansprüche an der Verteilung 2010 fünf Jahre lang nachmelden. Die Gesellschaft bildet hierfür Rückstellungen, die zunächst nicht ausgeschüttet werden und erst in 2016 vollständig aufgelöst werden können. Dies entspricht internationalem Standard.
Für das Geschäftsjahr 2012 kann mit leichten Umsatzzuwächsen gegenüber 2011 gerechnet werden. „Die Einnahmesituation der Gesellschaft wird aber weiterhin stark beeinträchtigt sein durch die ungelöste und die Industrie einseitig begünstigende Situation bei den Vergütungen für die private Vervielfältigung, wenn der Gesetzgeber das lückenhafte gesetzliche Verfahren nicht endlich durch eine faire Regelung ergänzt“, betonen Guido Evers und Tilo Gerlach. „Denn auch in 2012 ist nicht mit nennenswerten Zahlungen zu rechnen. Wir hoffen aber, dass die Forderungen gegenüber der Industrie auf Basis der eingeklagten Auskünfte wenigstens zum Teil bezifferbar sein werden.“ Weiterhin wird die Umstellung der Künstlerverteilung eines der wichtigen Projekte der GVL sein. Diese führt auch dazu, dass mit dem nun weltweit kompatiblen nutzungsbasierten System der internationale Vergütungsaustausch an Bedeutung gewinnen wird.
Die GVL ist die einzige Verwertungsgesellschaft für Künstler und Tonträgerhersteller in Deutschland. 1959 gegründet, vertrauen der GVL inzwischen weltweit 8.500 Tonträgerunternehmen mit mehr als 28.000 Labels sowie über 130.000 Künstler und machen sie damit zu einer der größten Verwertungsgesellschaften für Leistungsschutzrechte in Europa.